Alleinfutter – gibt es das???
"Kein Industriefutter ist so optimal, daß es nicht doch auf Dauer durch
Einseitigkeit Erkrankungen auslösen kann .... Industriefutter macht auf
Dauer krank." Zu dieser Feststellung kommt die Tierärztin und
Gesundheitsberaterin mit Schwerpunkt Ernährung Dr. med. vet. Vera Biber
in ihrem Buch über Verhaltensänderungen durch Futterumstellung bei
Hunden.
Die namhafte Futtermittelfirma "Solid Gold" wird in "TREFF", einem
Magazin für den zoologischen Fachhandel, noch konkreter: "Wie viele
Tierärzte und Heilpraktiker berichten, werden Haustiere heute nicht nur
durch Umwelteinflüsse geschädigt, sondern in zunehmendem Maße auch durch
die Inhaltsstoffe in den Futtermitteln. Die darin enthaltenen
Konservierungsmittel, Zusatzstoffe und chemischen Rückstände können
mitverantwortlich dafür sein, Krankheiten wie Tumore, Nieren- und
Leberschäden, Beeinträchtigungen im Bewegungsapparat,
Fruchtbarkeitsstörungen und Allergien zu fördern oder auszulösen."
Klare Worte: Derartige Vorwürfe gegen Futtermittel werfen die Frage nach
dem in der Futtermittelbranche verwendeten Begriff "Alleinfutter" auf
und daraus resultierend die Fragestellung, ob es überhaupt Alleinfutter
geben kann - mit allen Konsequenzen für Tiergesundheit und Rechtsnormen.
Definitionen und Gesetzeslage
Um die Fütterung der Tiere näher zu hinterfragen, bedarf es klärender
Definitionen. Diese werden im Futtermittelrecht (Futtermittelgesetz und
Futtermittelverordnung) vorgegeben. Unter "Futtermitteln" versteht man
Stoffe, die einzeln oder in Mischungen dazu bestimmt sind, an Tiere
verfüttert zu werden. "Alleinfutter" wird wie folgt definiert:
Mischfutter, die allein den Nahrungsbedarf der Tiere decken. Neben dem
Alleinfutter gibt es u. a. "Ergänzungsfuttermittel". Darunter versteht
man Mischfutter, die ergänzend zu anderen Futtermitteln den
Nahrungsbedarf der Tiere decken.
Diese Definitionen sind die Grundlage für rechtliche Ausführungen zur
Sicherheit der Tiergesundheit hinsichtlich des Futters:
§ 1.1 Futtermittelverordnung: Im Sinne dieser Verordnung sind
Alleinfuttermittel Mischfuttermittel, die dazu bestimmt sind, allein den
Nahrungsbedarf der Tiere zu decken.
§ 1.2 Futtermittelgesetz: Zweck dieses Gesetzes ist es sicherzustellen,
daß durch Futtermittel die Gesundheit von Tieren nicht beeinträchtigt
wird.
§ 1.3 Futtermittelgesetz: Zweck dieses Gesetzes ist es, vor Täuschung im
Verkehr mit Futtermitteln, Zusatzstoffen und Vormischungen zu schützen.
§ 3.1b Futtermittelgesetz: Es ist verboten, Futtermittel derart
herzustellen oder zu behandeln, daß sie bei bestimmungsgemäßer und
sachgerechter Verfütterung geeignet sind, die Gesundheit von Tieren zu
schädigen.
§ 3.2b Futtermittelgesetz: Es ist verboten, Futtermittel in den Verkehr
zu bringen, wenn sie bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter
Verfütterung geeignet sind, die Gesundheit von Tieren zu schädigen.
§ 3.3b Futtermittelgesetz: Es ist verboten, Futtermittel zu verfüttern,
die geeignet sind, die Gesundheit der Tiere zu schädigen.
§ 2.1 Tierschutzgesetz: Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
muß das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen
ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.
"Alleinfutter kann es nicht geben"
Aus den Futtermitteldefinitionen und den gesetzlichen Bestimmungen
ergeben sich nicht nur für die Futtermittelhersteller und Tierbesitzer
Konsequenzen, sondern auch für den Gesetzgeber, sprich Staat oder
Staatengemeinschaften.
Für den Halter und Züchter liegt die Situation klar auf der Hand. Er ist
das letzte Glied in der langen Handlungskette und für alles
verantwortlich hinsichtlich der Gesundheit seines Tieres. Er muß
entscheiden, welche Nahrung einer artgerechten Tierernährung entspricht.
Dabei verläßt er sich natürlich auf die Aussagen der
Futtermittelindustrie. Diese bietet zu einem hohen Teil Alleinfutter an.
Da ein Alleinfutter laut Gesetzeslage allein den Nahrungsbedarf der
Tiere decken muß, fühlt sich der Tierhalter auf der sicheren Seite. Doch
die Praxis sieht oft ganz anders aus.
Die Geschäftsführung des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe (ZZF)
Deutschlands führt zu Alleinfutter aus: "Ein Alleinfutter gemäß der
futtermittelrechtlichen Definition kann es nicht geben. Ein solches
Futter müßte alle Nähr- und Wirkstoffe in einem dem Bedarf des
jeweiligen Tiers entsprechenden Mengenverhältnis enthalten .... In bezug
auf die sonstigen Nähr- und Wirkstoffe gibt es eine ständige Diskussion
über den tatsächlichen Bedarf. Diese Diskussion ist letztlich sinnlos,
da es zwar standardisiertes Futter, jedoch - glücklicherweise - keine
Standardkatze und keinen Standardhund gibt."
Wenn der ZZF aussagt, daß es kein Alleinfutter geben kann, stellt sich
die Frage, weshalb ein Großteil der Hunde und Katzen, aber auch andere
Heim- und Nutztiere mit diesem Futter allein versorgt werden. Die
Aussage des ZZF bedeutet, daß gegen geltendes Recht verstoßen wird, weil
durch Alleinfutter die Gesundheit der Tiere nicht garantiert werden
kann.
Staatliche Daumenschrauben
Eine besondere Brisanz birgt in diesem Zusammenhang die
Futtermittelverordnung bei Mischfuttermitteln für Hunde und Katzen.
Während generell kein Alleinfutter für Tiere vorgeschrieben ist, gilt
dies nicht für Hunde und Katzen. Mischfutter für Hunde und Katzen müssen
laut Futtermittelverordnung als Alleinfutter deklariert werden. Auch
dazu äußert sich die Geschäftsführung des Zentralverbandes Zoologischer
Fachbetriebe: "Das Futtermittelrecht zwingt die Hersteller, denen dieses
Problem sehr wohl bewußt ist und die deshalb ja auch
Ergänzungsfuttermittel anbieten, den unzutreffenden Begriff
"Alleinfutter" für die vorgeschriebene Deklaration zu benutzen. Man
würde nicht nur unter Tierschutzaspekten viel lieber einen Begriff
verwenden, der auf die Notwendigkeit zur Ergänzung deutlich hinweist,
beispielsweise den Begriff "Hauptfutter" ... Wir haben es hier also
wieder einmal mit einem Beispiel für die relativ häufige Parallelität
von Tierschutz und Kommerz zu tun und müssen bedauernd zur Kenntnis
nehmen, daß rechtliche Bestimmungen im Wege stehen. Das
Futtermittelrecht beinhaltet insofern einen gravierenden Widerspruch in
sich selbst."
Auf der Basis dieser Aussage wird deutlich, daß Hersteller von Hunde-
und Katzenfutter staatlicherseits gezwungen werden, den irreführenden
Begriff "Alleinfutter" zu benutzen.
Ministerielle Klimmzüge
Was sagt das zuständige Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft dazu? Aus dem zuständigen Referat 324, "Tierernährung,
Futtermittel", kommt folgende Antwort: "... Es liegt in der Natur der
Sache, daß der Nahrungsbedarf der Tiere jeweils nur nach dem aktuellen
Stand der Wissenschaft beurteilt werden kann."
Diese Erläuterung ist ein Eingeständnis, daß man trotz Erkennens der
Alleinfutterproblematik nichts zu unternehmen gedenkt. Mit dem Ausdruck
"aktueller Stand der Wissenschaft" kann man alles und nichts zu jeder
Zeit rechtfertigen. "Aktueller Stand der Wissenschaft" bedeutet, das
Futter hinkt permanent hinter den neu gewonnenen Erkenntnissen der
Wissenschaft hinterher und muß ständig nachgebessert werden. Gerade
diese Tatsache ist bereits Grund genug und Beweis, daß es Alleinfutter
nicht geben kann, weil es, wie der ZZF richtig festgestellt hat und vom
Ministerium bestätigt wird, nicht in der Lage ist, den Bedarf der Tiere
zu decken. Was ist ein Alleinfutter wert, das vor 20 Jahren als das
Nonplusultra dargestellt wurde, aber heute nicht mehr existiert, weil es
den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft nicht entspricht? Selbst ein
Marktführer bestätigt zu Alleinfuttermitteln noch erheblichen
Forschungsbedarf. Besteht hier nicht akuter Handlungsbedarf für den
Staat, Alleinfutter aus dem Gesetz zu streichen, um die Tiergesundheit
durch Mischfutter, das durch weitere Futterkomponenten ergänzt wird,
sicherzustellen?
Kein Alleinfutter für Menschen möglich
Wenn Alleinfutter auch nur einen einzigen Stoff nicht enthält, der
notwendig ist, um die Gesundheit der Tiere zu garantieren, kann es kein
Alleinfutter sein. Mehr noch: Alle Stoffe, die lebenswichtig sind und
die Lebensqualität des Tieres in jedem unterschiedlichen Alter und in
jedem Verwendungszweck garantieren, müssen in der richtigen Menge
vorhanden sein, weil ansonsten u. a. ein Verstoß gegen § 1.2
Futtermittelgesetz vorliegt. Ein Futter, das nicht hält, was es vorgibt,
ist eine Irreführung, und Irreführung ist eine Täuschung des
Verbrauchers. Verbrauchertäuschung verbietet das Gesetz.
Ein Beispiel in diesem Zusammenhang: Die Deutsche Gesellschaft für
Ernährung (DGE) hat hinsichtlich der Ernährungsbedarfsnormen
Richtlinienkompetenz. Diese Gesellschaft erweckt zuweilen den Eindruck,
daß sie dem aktuellen Stand der Wissenschaft hinterherhinkt. Um so
brisanter wird deren Aussage zu einer Anfrage zu "Alleinfutter-Pellets
für Menschen". Die DGE sagt zu Recht, daß es Alleinfutter-Pellets für
Menschen nicht geben kann, weil darin u. a. die für ein langes und
gesundes Leben notwendigen sekundären Pflanzenstoffe fehlen. Daraus wird
ersichtlich, daß eine ganze Gruppe an wesentlichen Stoffen im
Alleinfutter nicht enthalten ist. Um bei Tieren von Alleinfutter zu
sprechen, müßten die Futterherstellung und die Kenntnisse über die
Bedarfswerte im Tiersektor besser sein als im menschlichen Bereich. Das
ist nicht der Fall.
Hochwertiges Futter ohne Menadion
Bei den Vitaminen und Mineralstoffen weiß man für viele Tierarten nicht,
wie ihr Bedarf ist, man weiß dieses noch nicht einmal gesichert beim
bestens untersuchten Säuger der Welt, dem Menschen.
Anscheinend hat man beim Tierfutter jedoch erkannt, daß es zu wenige
natürliche Stoffe enthält, um ständig vorkommende Blutungen im Körper zu
unterbinden. In der Natur sichert den Blutungsstop das Vitamin K1. Statt
eines Vitamin-K1-Zusatzes oder vitaminK1-reicher Ausgangsstoffe mischt
man Menadion, ein Laborprodukt, das es in der Natur nicht gibt, ins
Futter, um die Blutgerinnung sicherzustellen. Dieser Zusatz ist billiger
als Vitamin K1, hat aber toxische Nebenwirkungen, die bei Menschenbabies
zu Dauerschäden und Todesfällen führten.
Zudem erfüllt Vitamin K1 im Organismus zahlreiche
Stoffwechselfunktionen, die Menadion nicht erfüllt. Durch die Beigabe
von Menadion gesteht der entsprechende Futtermittelhersteller ein, daß
der Vitamin K-Gehalt des Futters nicht so ist, wie er sein müßte.
Es stellt sich deshalb die berechtigte Frage, ob ein solches Futter
artgerecht ist. Des weiteren bestätigen wissenschaftliche Erkenntnisse,
daß Menadion Schäden verursacht. Solche Stoffe sind laut
Futtermittelgesetz nicht zulässig!
Ein hochwertiges Futter kommt ohne Menadion aus, schreibt die
"Hundezeitung" in ihrem Artikel "Futter-Wahrheiten und neue Studie" und
weist zugleich darauf hin, daß bestimmte Fertigfuttersorten sogar eine
Magendrehung verursachen können.
Die Mitteilung erlaubt den Schluß, daß alle Futterstoffe mit Menadion
nicht hochwertig sind und man mit der Zugabe oder Nichtzugabe dieses
Zusatzstoffes einen entsprechenden Indikator für die qualitative
Werteinstufung des Futters zur Hand hat!
Nicht zuletzt bekommt die Menadionproblematik besondere Brisanz im
menschlichen Ernährungssektor, weil Nutztiere Menadion im Fleisch
ablagern, ebenso in Eiern und Milch. Dadurch fließt in den menschlichen
Ernährungskreislauf Menadion ein. Hier ist Menadion jedoch nicht
zugelassen, de facto verboten. Das Futtermittelgesetz schreibt dazu
unter § 3.1a: Es ist verboten, Futtermittel derart herzustellen oder zu
behandeln, daß sie bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Verfütterung
geeignet sind, die Qualität der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse,
insbesondere im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit für die menschliche
Gesundheit, zu beeinträchtigen. Das zuständige Bundesministerium
schweigt inhaltlich zu dieser Thematik auf der Abteilungsebene
"Lebensmittelsicherheit" beharrlich!
Daß nicht nur Vitamin K1 im Futter fehlt, zeigt die Palette an extern
zugeführten Vitaminen. Dieses verwundert nicht, wenn man bedenkt, daß z.
B. Hundefutter im Verarbeitungszyklus bis zu 250 Grad Celsius, und das
phasenweise für längere Zeit, ausgesetzt wird, wie die bereits zitierte
Dr. Biber ausführt. Der Mensch stirbt bei 42 Grad Celsius Fieber, weil
sich hier temperatursensible Proteinstrukturen in jeglicher Richtung
auflösen. Wie wertvoll oder wertlos entsprechend hoch erhitztes Futter
ist, kann sich jeder selbst ausrechnen und sich die Frage stellen: Kann
es Alleinfutter geben, das den Bedarf eines Tieres komplett
sicherstellt?
Aminosäuren-Problematik
Interessant ist auch die Aminosäurenzusammensetzung des Futters.
Aminosäuren, die Bausteine der Eiweiße, kommen in zwei chemischen Formen
vor, der L- und der D-Form. In tierischen Geweben liegen die Aminosäuren
in der L-Form vor. Künstlich gewonnene Aminosäuren sind in einer D- oder
bestenfalls DL-Form vorhanden. Fütterungstechnisch stellt sich die
Frage, inwieweit der lebende Organismus D-Formen nutzen kann.
Bei Geflügel liegen entsprechende Untersuchungen vor. Einige D-Formen
können nur sehr gering genutzt werden. Bei anderen ist die
Verwertbarkeit leicht bis bedeutend besser, sie erreichen aber häufig
nicht die Wirkungsweise der natürlichen L-Formen. Die geringe Wirkung
ist besonders bei der Aminosäure Lysin gravierend, weil diese Aminosäure
limitierend im Futter des Geflügels wirkt.
Futtermittel, die eines Aminosäurezusatzes bedürfen, zeigen, daß sie
Defizite haben und nicht dem Alleinfutteranspruch entsprechen, sondern
künstlich nachgebessert werden müssen - und das zuweilen mit
minderwertigeren Produkten im Vergleich zu den natürlichen.
Bei Hunden kommt hinzu, daß ihre natürliche Fleischnahrung oftmals durch
große (billigere) Anteile an Getreide und anderen pflanzlichen Produkten
ersetzt wird, wobei ein Wolf, dessen Verdauungssystem der Hund heute
noch hat, kein Getreide frißt, bestenfalls Beeren. Durch hohe
Getreidegaben kann es laut der bereits zitierten Autorin Dr. Biber zu
Ungleichgewichten in der Verdauung kommen.
Ist solches Futter artgerecht? Wohl kaum, denn Futter, das
verdauungsmäßige Ungleichgewichte nach sich zieht, erfüllt nicht das
Kriterium, die Gesundheit des Tieres nicht zu beeinträchtigen.
Tierschutz und
Futtermittelbranche
Der deutsche Tierschutzbund
führt an, daß 1998 von der Stiftung Warentest durchgeführte Prüfungen
von Alleinfuttermitteln für Hunde ein zufriedenstellendes Ergebnis
brachten und nur ein Futter mangelhaft war. Zu beachten ist, daß bei
solchen Tests nicht das Alleinfutter als solches hinterfragt wird,
sondern nur die Inhaltsstoffe hinsichtlich der Deklarierung etc.. Das
Ergebnis war laut Tierschutzbund nicht "sehr gut" oder "gut", sondern
nur "zufriedenstellend". Das sagt bereits einiges.
Einiges sagt auch, daß Tierschutzvereine, die Hunde vermitteln, von der
Futtermittelindustrie sogenannte Startsets bekommen, die an Hundehalter,
die ein Tier aus dem Tierheim übernehmen, weitergegeben werden und so
den Eindruck erzeugen, eine artgerechte Fütterung zu bieten. Tierheime
bekommen auch Autos von der Futtermittelindustrie geschenkt, damit sie
ihrer öffentlichkeitswirksamen Arbeit besser nachkommen können.
Bundesministerin Künast dankt für einen derartigen
verantwortungsbewußten Einsatz im Tierschutz und für die Sicherstellung
der Tiergesundheit. Ob Frau Bundesministerin Pressemeldungen über
Tierversuche bei Futtermittelherstellern gelesen hat, die jegliche
moralische Verpflichtung dem Mitlebewesen Tier gegenüber vermissen
lassen, ist nicht bekannt.
Tierärztliche Hilfestellung zuweilen unbrauchbar
Den Defiziten im Alleinfutterbereich kann schon aufgrund der wenigen
aufgeführten Beispiele sicherlich nicht argumentativ widersprochen
werden. Die Tierärzteschaft müßte deshalb eigentlich Sturm gegen das
Alleinfutter laufen. Ihr oberstes Ziel müßte es sein, die Gesundheit der
Tiere zu gewährleisten, auch wenn böse Zungen sicherlich
ungerechtfertigt behaupten, daß sie nur ein Interesse am Geschäft mit
kranken Tieren hat. Angesprochen auf Alleinfutterprobleme bei Hunden
stellt der Bundesverband Praktischer Tierärzte zu Alleinfutter fest:
"Grundsätzlich könnte es auch für Menschen ein Alleinfutter geben, mit
dem man sich ernähren könnte, wäre da nicht der Wunsch nach
unterschiedlichem Geschmack, appetitlichem Aussehen, verschiedener
Konsistenz etc.. Schauen Sie sich doch einmal die Babynahrung an. Bei
dieser handelt es sich um nichts anderes als um ein Alleinfutter."
Das Preßfutter als Alleinnahrung für Menschen nicht möglich ist, hat die
Deutsche Gesellschaft für Ernährung bereits dargelegt. Auch ein
angefragter Babykosthersteller weist derartige Unterstellungen von sich.
So schreibt Hipp: "Um eine sinnvolle gemischte Ernährung zu
gewährleisten, sollten die Produkte sinnvoll kombiniert werden." Hipp
hat dazu extra einen Ernährungsplan entwickelt.
Somit hinken die tierärztlichen Aussagen zu Alleinfutter und Babynahrung
nicht nur gewaltig, sondern verraten auch noch große Wissensmängel. Da
sind tierärztliche Universitäten schon effektiver: Zu einem allein zu
verabreichenden Papageien-Handaufzuchtsfutter amerikanischen Ursprungs
schreibt die Tierärztliche Hochschule Hannover: "Die Rohnährstoffgehalte
sowie die Mengenelementgehalte entsprechen den üblichen Empfehlungen für
Alleinfutter für wachsende Hühnerküken." Weiter ist bekannt, daß es auch
für die Vitamine bei Papageien keine Bedarfswerte, sondern nur
Empfehlungen und Schätzwerte gibt.
Deshalb wundert es nicht mehr, daß eine frühere Dozentin des
tierärztlichen Instituts der Universität München zu der Feststellung
kommt, daß bei verschiedenen Züchtern, die dieses Handaufzuchtfutter aus
verschiedenen Chargen verfütterten, Todesfälle bei Tieren auftraten. Bei
Untersuchungen an der Tierärztlichen Hochschule Hannover bei
Wellensittichen führte entsprechendes Futter zu Todesfällen, nicht aber
bei anders gefütterten Kontrollgruppen. Hier stellt sich die Frage , was
ein Alleinfutter wert ist, wenn es als Alleinfutter für bestimmte Tiere
ausgewiesen wird, obwohl der Bedarf dieser Tiere nicht bekannt ist,
sondern lediglich geschätzt wird?
Wie ist ein solches Futter aus futtermittelrechtlicher Sicht zu
bewerten, wonach Futter die Gesundheit von Tieren nicht beeinträchtigen
darf? Zu Ziervögeln schreibt
Dr. Kummmerfeld (Tierärztliche Hochschule Hannover) im "Buch vom
Tierschutz": "Die aus der Nutz- und Masttierhaltung übernommene
Pelletfütterung ist daher weder tier- noch verhaltensgerecht."
Pelletfütterung wird jedoch bei Papageien und anderen Heimtieren
praktiziert!
Zahnschäden sind akut
Katzen würden eine bestimmte Futtermarke kaufen. Das ist ein gängiger
Slogan in der Werbung für Katzenfutter. Das Unternehmen behauptet, daß
75 Prozent bei einer Befragung auf das per Slogan beworbene Bio-Futter
zurückgreifen würden. Diese Absichtserklärung ist zwar nicht
gleichzusetzen mit dem Kauf eines Fertigfutters, aber man kann davon
ausgehen, daß die Befragten Fertigfutter verfüttern, sonst wären sie ja
nicht bereit, auf das beworbene Produkt umzusteigen.
Interessant dazu ist die Mitteilung eines Futtermittelherstellers im
Zoofachhandel-Magazin "TREFF". Die Firma führt aus: "Aktuellen
Untersuchungen zufolge leiden zirka 75 % aller Katzen, die älter als
drei Jahre sind, unter Erkrankungen des Gebisses." Um dem
entgegenzuwirken, wird ein spezielles Futter mit integrierter Zahnpflege
vorgestellt. Ein logischer Rückschluß wäre, daß mit Alleinfutter
ernährte Katzen Zahnprobleme bekommen.
Wenn dem so ist, und 75 % sind eine nicht weg zu debattierende Menge,
bedeutete dieses, daß Alleinfutter die Gesundheit der Katzen
beeinträchtigt. Das wäre laut Gesetz verboten. Auch Hunde wurden nicht
vergessen, nur daß dort 85 % laut einem Untersuchungsergebnis an
Zahnproblemen leiden. Passend dazu führt die Tierärztin und
Gesundheitsexpertin Dr. Biber aus: "Die Firmen versprechen sich weitere
große Wachstumschancen durch Diätfutter und Funktional Food, d. h.
allerlei Zusatzpräparate, mit denen die Schäden der Industrienahrung
wieder behoben werden sollen."
Inzwischen laufen bereits Informationsaktionen, daß es wegen des
wachsenden Gesundheitsbewußtseins Futtermittel mit 95 % Inhalt aus
biologischer Landwirtschaft gibt, das als besonders hochwertig
eingestuft wird.
Dies erlaubt den Rückschluß, daß
konventionelles Fertigfutter für Halter mit geringerem
Gesundheitsbewußtsein ist und nicht als besonders hochwertig eingestuft
wird. Bestimmte Futtermittelhersteller empfehlen, obwohl bekannt ist,
daß abwechslungsreich gefüttert werden sollte, ausschließlich ihre
Produkte zu verfüttern und konsequent bei Alleinfutter zu bleiben.
Zugleich schüren sie Ängste, warnen vor sonstigem "Zufüttern" und
verweisen auf "Rationsberechnungen", für die ein "Hochschulstudium"
nötig sei.
Man fragt sich angesichts solcher Panikmache, wie es Haushunden und
anderen Haustieren möglich war, Jahrtausende ohne Industriefutter zu
überleben. Dazu paßt bestens die Aussage des Generalimporteurs eines
bekannten Futtermittelherstellers in "WUFF - Das Hundemagazin": "Dennoch
ist es Tatsache, daß heute immer mehr Hunde Probleme mit der Verdauung
haben, unter Allergien leiden (fast die Hälfte aller beim Tierarzt
vorgestellten Hunde) und Probleme mit den Gelenken oft zu großen
Schmerzen führen ...".
Alleinfutter kann nicht genügen
Der Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Tierschutzbundes
bringt es durch Frau Dr. Sabine Gosch auf den Punkt: "Der Deutsche
Tierschutzbund und ebenso die Tierärzteschaft raten allen Tierbesitzern,
ihren Hunden, Katzen und Heimtieren nicht ausschließlich Alleinfutter zu
verabreichen, sondern abwechslungsreich zu füttern .... Sicherlich gibt
es schwarze Schafe unter den Futtermittelherstellern, die eine
ausschließliche Fütterung ihres Alleinfutters empfehlen, aber ein dazu
befragter Tierarzt wird dies sicher richtig stellen."
Wenn ein Alleinfutter aus unterschiedlichsten Gründen nicht den
futtermittelrechtlichen Vorgaben entspricht, ist es kein "Alleinfutter".
Schon der Hinweis, daß Alleinfutter immer nur nach dem aktuellen Stand
der Wissenschaft beurteilt werden kann, bedeutet, daß es unmöglich ist,
ein Alleinfutter herzustellen, weil sich die Wissenschaft ständig
weiterentwickelt und das heutige Alleinfutter morgen keines mehr ist.
Zudem liegen für verschiedene Inhaltsstoffe oftmals keine Bedarfswerte,
sondern nur Schätzwerte oder Empfehlungen vor.
Aus diesem Grund kann es nur
eine einzige Konsequenz geben: Der Begriff Alleinfutter ist aus der
Gesetzgebung zu streichen und durch Misch- bzw. Ergänzungsfutter zu
ersetzen, damit für alle Haus- und Heimtiere eine abwechslungsreiche
Kost gefüttert werden kann und durch den Begriff Alleinfutter beim
Verbraucher nicht der irreführende Eindruck entsteht, diese Futtermittel
würden den Nähr- und Wirkungsbedarf eines Tieres allein decken. Schon
die wenigen angeführten Beispiele zeigen, daß dies nicht der Fall ist.
Futtermittel, die Verbraucher täuschen und Tiere schädigen können, weil
sie gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen, dürfen weder
hergestellt noch verkauft werden. Der momentane Wissensstand läßt nur
eine einzige Konsequenz zu:
Verbot von "Alleinfuttermitteln".
Zuständig hierfür ist das
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.
Michael von Lüttwitz und Peter Grunert
Geflügel-Börse 22/2003
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