In
eigener Sache: Nachwuchs.......
"...und deshalb möchte ich Sie bitten, mir mitzuteilen,
was ich tun muss, um Hundevermittlerin zu werden."
Ich
gebe zu, dass diese sehr lange e-mail, die ich vor einigen Tagen
erhielt, mich schon etwas irritierte.
Offensichtlich waren meine einzelnen Beschreibungen, meine Tagebucheinträge,
meine Vorworte nicht SO negativ aufgenommen worden, wie ich es vermutete.
Da gab es doch tatsächlich eine junge Frau, die genau das gleiche
nachmachen wollte. Jedoch ohne Vorstellung, was dazu erforderlich
ist....
Was
also muss ich tun, um "Hundevermittler" zu werden?
Der Einfachheit halber bleibe ich bei der männlichen Form,
obwohl sich sicher weitaus mehr VermittlerINNEN betätigen.
Der Begriff Hundevermittler sagt genau so viel über die Tätigkeit
aus wie zum Beispiel Zuckerstückchen-Sammler. Bei beiden Begriffen
kann es nicht zu Missverständnissen kommen. Beide Begriffe
sind keine Berufsbezeichnung, sondern lediglich die Erklärung
für eine Leidenschaft, ein Hobby.
Ich
weiss natürlich nicht, wie andere Leute Hunde aufnehmen (falls
sie es überhaupt tun), geschweige denn, wie sie sie weitervermitteln.
Ich kann aber einmal sehr subjektiv beschreiben, wie es sich in
meinem Fall abspielt, um damit u.a. auch der Schreiberin Anhaltspunkte
zu geben.
An
mich wenden sich entweder private Personen, die aus welchen Gründen
auch immer ihre Tiere los werden wollen oder aber bei den Nachbargemeinden
befinden sich sogenannte FUNDTIERE, die natürlich zu 80% ausgesetzt
sind. Diese Tiere übernehme ich, soweit bei mir Platz ist,
da ich mit der Auswahl der künftigen Besitzer durch die Gemeinden
nicht immer sehr glücklich bin.
Alle
Fundtiere werden, nachdem sie entsprechend häufig über
die Zeitung gemeldet wurden, kastriert, entwurmt und geimpft, tätowiert,
mit einem Chip versehen, und bekommen einen Namen. Sie werden mit
meinem eigenen Hunderudel zusammen gehalten (soweit möglich),
sie kommen mit auf die Spaziergänge. Ich sehe im Laufe der
Zeit, wie die Tiere sich verhalten: ob sie misshandelt wurden, scheu
sind, schreckhaft sind, aggressiv oder sanftmütig, Katzen-
und/oder Kinderfreundlich und vieles andere mehr. Ich sehe, wie
die Hunde sich beim Bürsten, beim Nägelschneiden, beim
Füttern, beim Baden und im Haus verhalten. Obwohl sie alle
ihr Lager im Hundehaus haben, kommen sie tagsüber auch mit
in unseren Wohnbereich. So erkennt man schnell, ob es sich um einen
wohnungsgehaltenen oder nur im Zwinger gehaltenen Hund handelt.
Meines Erachtens sind Zwinger etwas für Menschen, denen der
eigene Hund lästig ist. Solche Leute bekommen keinen Hund über
mich, ich muss also jeden Vermittlungshund "Hausrein"
trainieren.
Nachdem
ich in etwa weiss, welcher Typ der bei mir wohnende Hund ist, fange
ich an, neue Halter zu suchen. Dazu erstelle ich eine möglichst
genaue und umfangreiche Beschreibung des Hundes, die dann hier auf
HUNDSHUUS, aber auch in der Zeitung (dort gekürzt) erscheint.
Und dann beginnt die eigentliche Arbeit: Die Anrufer, die Interessenten
auszufragen, auszutesten. Sie möglichst schon am Telefon an
Hand ihrer Fragen einzuordnen, aber auch auszusortieren. Eine beliebte
Anfrage, gerade bei uns auf dem Land, ist: Was soll der Hund denn
kosten?
Leute, die sich nicht einmal mit dem Namen melden, denen es einzig
und allein um ein billiges Tier, für welche Zwecke auch immer,
geht. Diese Leute beissen bei mir gleich auf Granit!
Es gibt aber auch viele nette Anrufer, die dann eigentlich doch
etwas anderes suchen, eventuell aber auf diesem Wege auch den eigenen
Hund loswerden wollen usw.
Es ist die wirkliche "Arbeit", die Hauptaufgabe, die Kunst
des Vermittlers, die richtigen Leute mit dem richtigen Hund zusammen
zu bringen. Es ist auch eine Kunst, wenn man den Eindruck hat, es
passt nicht, diese Leute nicht zu verprellen, denn eventuell sind
das genau die richtigen Menschen für den nächsten Hund,
der garantiert irgendwann kommen wird.
Da die Zeitungsanzeigen zum Wochenende geschaltet werden, heisst
das eben auch, das ganze Wochenende über telefonisch erreichbar
zu sein, bzw. Interessenten, die den Hund besuchen wollen, auch
zu empfangen und zu beraten. Dabei gehen Stunden ins Land. Einige
Leute, speziell durch das Internet, haben weite Anreisen. Diese
Leute kann man nicht in 10 min. abspeisen, im wahrsten Sinne des
Wortes.
Sollte im besten Fall ein Interesse der Leute vorhanden sein, sollten
sie mir auch noch gut gefallen, dann werden sie wieder nach Hause
geschickt, müssen alles noch einmal überdenken. Am nächsten
Tag erwarte ich dann den Anruf, in dem sie mir mitteilen, dass sie
den Hund gerne übernehmen würden.
Dann wird ein Besuchstermin von meiner Seite aus vereinbart, kenne
ich die Leute nicht oder kann mir niemand aus dem Bekanntenkreis
etwas über sie erzählen, fahre ich selber hin und liefere
den Hund dort ab. Wobei es Ausnahmen gibt, die ich dann später
aufsuche.
Alles
in allem ist das der günstigste Fall gewesen, eine schnelle
Vermittlung.
Es gibt aber auch Hunde im Hundehaus, die Monate auf das perfekte
Zuhause warten. Das heisst dann, jedes Wochenende und auch innerhalb
der Woche inserieren, erreichbar sein, Anfragen beantworten, beim
Essen gestört werden, Anrufer auf dem Anrufbeantworter zurückzurufen,
mails zu beantworten, Termine machen, Leute empfangen, zum 10.000
x die Wegstrecke beschreiben, Hunde beschreiben, Eigenarten erwähnen,
Reaktionen darauf abschätzen, Probespaziergänge begleiten,
Getränke anbieten, Kindern das Klo zu zeigen usw. usw.
Hundevermittlung erfordert in erster Linie viel Erfahrung im Umgang
mit Hunden, die eben erst im Laufe vieler Jahre angesammelt ist.
Es erfordert keinerlei Angst vor Hunden, denn es kommen auch sogenannte
BISSIGE Hunde, die einfach nur in Panik sind und entsprechend behandelt
werden sollten. Hundevermittlung erfordert ein sehr grosses Grundstück,
dass nach Möglichkeit viele einzeln unterteilte Ausläufe
mit Pufferzonen für die Unverträglichen hat. Es muss genügend
warme, im Sommer aber auch kühle Unterbringungsmöglichkeiten
geben. Leute, die Hunde vermitteln wollen, sollten auf gar keinen
Fall empfindlich gegenüber Erbrochenem oder Durchfall sein,
denn damit beginnt fast jeder Aufenthalt. Die Vermittler sollten
wissen, welche Medikamente zur Entwurmung geeignet sind, sie sollten
Ahnung von Impf-Schemen haben, sollten ein entzündetes Ohr
oder eine Bisswunde selber schnell versorgen können. Vermittler
sollten wissen, wie sie im unglücklichsten Fall mehrere kämpfende
Hunde trennen können. Sie sollten Ärger zwischen Hunden
voraussehen können und einschreiten. Sie sollten ein einigermassen
gutes Finanzpolster haben, denn Spenden sind selten und einige Hunde
verschlingen durch OP`s und langen Aufenthalt viel Geld. Die Inserate
sind teuer, die Telefonrechnung, der Internetanschluss, das Auto,
die Benzinkosten, die vielen Waschmaschinen-Ladungen samt Trockner
(bei kranken Tieren oder/und Welpen), die Futterkosten sind hoch,
evtl. Spezialdiäten fallen ins Gewicht.
Die Hunde brauchen Halsbänder, sie bekommen bei mir alle ihre
gewohnten Decken aus dem Hundehaus mit, ebenso ihr Lieblingsspielzeug.
Alle Hunde bekommen Leckerlis und Knabbersachen, Dosenfutter und
Trockenfutter mit, damit sie keine zu krasse Umstellung haben. Auch
der mitgegebene Tennisball muss für die nächsten kommenden
Hunde ersetzt werden!!
Hundevermittler verdienen mit ihrer Tätigkeit KEIN Geld. Die
Hunde werden zwar gegen eine Schutzgebühr vermittelt, die aber
in der Regel gerade einmal die Kosten der Kastration (besonders
bei weiblichen Tieren), der Entwurmung, der beiden Impfungen und
evtl. eines Teils der Inserate abdeckt. Alle weiteren Ausgaben (siehe
oben) werden vom Konto: <Teures Hobby> beglichen.
Es mag etwas anderes bei Organisationen oder Tierheimen sein, dort
werden Gelder gespendet, es fliessen Gelder über die Kommunen
in die Kassen. Wer es aber wie ich in Einzelarbeit bewerkstelligen
will, sollte ein gesundes Finanzpolster haben.
Und
dann sollten Hundevermittler neben diesen Äusserlichkeiten
auch Menschen mit Zeit, ohne Hektik sein. Sie sollten jedem Besucher
das Gefühl der freundlichen Aufnahme vermitteln. Hundevermittler
sollten aber auch keine zu naiven und unerfahrenen Menschen sein,
sondern auf Bemerkungen wie " den letzten Hund mussten wir
weggeben" SEHR sensibel und zurückhaltend reagieren. Menschen,
die einmal einen Hund weggegeben haben, tun es auch ein zweites
Mal.......
Hundevermittler sollten sich auch ihrer Haut wehren können
und Leute, die anmassend werden, kurzerhand zum Tor befördern
können. Sie sollten mutig sein, um im Sinne der Schützlinge
auch unangenehme Kontrollfahrten (evtl. zu Alkoholikern o.ä.)
durchführen zu können.
Hundevermittler sollten keine Probleme damit haben, sich so manche
Nacht um die Ohren zu hauen, weil der Tag nicht reicht für
praktische und theoretische Arbeit gleichermassen.
Und jetzt ist es schon sehr spät und der Hundevermittlerin
fallen nun keine weiteren Aspekte mehr ein, um eine gute Vermittlerin
abzugeben. Aber ich denke, für den Anfang reicht es wohl auch.
Wer immer noch den Nachwuchs stellen möchte, darf sich mit
detaillierten Fragen gerne an mich wenden.........
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