Ich möchte Euch die Geschichte von Luca erzählen. 

Bitte verwechselt meinen Luca nicht mit dem Luca, der hier auf Hundshuus zur Vermittlung steht: Denn, auch wenn es sooo viele Übereinstimmungen gibt, so geht es hier um meinen Luca und den gebe ich bestimmt nicht wieder her.  

 

***Wie alles anfing oder auf der Suche - geleitet von einem Gefühl***  

 

Im Sommer 2005 machten mein Mann und ich uns über meine Behinderung Gedanken. Ich habe eine Augenkrankheit, die mir nach und nach mein Augenlicht nimmt.Auf dem linken Auge sehe ich schon lange nichts mehr und das rechte - na ja, im Sommer 2005 habe ich noch ein wenig mehr gesehen als jetzt. Ich für meinen Teil betrachte mich immer noch als sehbehindert, laut Papieren gehöre ich aber schon zu den Blinden.

Für mich macht es jedenfalls einen sehr großen Unterschied, ob ich mich in meiner vertrauten oder in einer fremden Umgebung aufhalte.In allem,  was mir vertraut ist, bewege ich mich ganz normal und ich finde mich super zurecht – mein Handicap fällt dann nicht gerade stark auf. Aber wehe, ich bin in einer fremden Umgebung - dann schwächel ich ohne Ende! 

Fakt war aber auf jeden Fall im Jahre 2005: Es wird nicht mehr besser und es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis ich  auch auf dem anderen Auge erblinden werde! Mein Mann kam auf das Thema "Blindenführhund" zu sprechen. Hund klang verlockend - Blindenführhund klang erschreckend! 

Alles, was damals mit dem Wort "blind" zu tun hatte, hat mir immer wahnsinnig viel Angst eingejagt.Ich hatte so eine große Angst davor, zu erblinden, dass ich dieses Wort am liebsten aus meinem Wortschatz gestrichen hätte!
Trotzdem machten wir uns weiterhin unsere Gedanken darüber, obwohl uns bald bewusst war, dass ein Blindenführhund vielleicht doch noch ein wenig übertrieben gewesen wäre.Ich konnte ja noch ein wenig sehen und ich denke (auch immer noch), dass dieser hoch spezialisierte Hund bei mir nicht richtig aufgehoben gewesen wäre!

Es gibt so viele Menschen, die wirklich gar nichts mehr sehen können und genau diese Menschen haben viel mehr Anspruch auf so eine Hilfe!Bei mir wäre der Hund unterfordert gewesen! 

Mein Mann und ich dachten also mehr über einen "normalen" Hund nach und ob man diesen Hund evtl. speziell auf mein Handicap "schulen" könnte.Der Gedanke ließ uns irgendwie gar nicht mehr los und wir besprachen unsere Idee mit einer Hundetrainerin. 

Sie wollte wissen, wo ich Hilfestellungen benötigen würde und was fiel mir prompt ein?
Diese verflixten Bürgersteige! Ich sehe diese Teile einfach nicht!Bürgersteige...Stufen...Ich kann sie nicht als das ansehen, was sie sind und dadurch sind es für mich Gefahren im Alltag geworden.
Die Trainerin sagte, dass man einem Hund beibringen könnte, mir die Stufen oder Bürgersteige anzuzeigen. Er würde mich dann rechtzeitig davor warnen. 

Diese Nachricht war nach sehr langer Zeit mal eine gute  und sie riss mich auch ein wenig aus meiner Zukunftsangst heraus. Als wir mit unserem Vermieter sprachen, weil wir hier eigentlich keine Hunde halten dürfen, fand er  unsere "Idee" einfach nur gut. Da schob ich meine Angst zur Seite und die Suche nach einem geeigneten Hund begann - die Suche nach DEM Hund!Nein, es hat nicht sofort geklappt und ich werde auch nicht die Anzahl von Hunden nennen, die wir besucht hatten. Nur so viel: Es waren sehr viele! 

Die Hundetrainerin hatte uns erklärt, auf was wir achten sollten: 

  • der Hund sollte leinenführig sein
  • er sollte sozialisiert sein
  • er sollte eine bestimmte Größe haben
  • er sollte schon erzogen sein und mind. das kleine 1 x 1 der Hundeschule kennen und auch auszuführen gewillt sein
  • und er sollte keinen Jagdtrieb besitzen.

Wir wohnen auf dem Land und da wäre es nicht vom Vorteil, wenn er mal eben auf einer Fährte "durchgehen" würde. Klang ja alles logisch - aber seid mal ehrlich, gibt es so einen Hund???

Und wenn es so einen perfekten Hund gibt, steht der dann auch zum Besitzerwechsel zur Verfügung? Oder findet man so einen Hund dort, wo wir gesucht haben, nämlich im Tierheim? Ich weiß nicht, warum es für meinen Mann und mich so wichtig war, einen Hund aus dem Tierheim zu holen. Vielleicht eine Art Vorahnung oder einfach nur das Wissen und das Gefühl zu haben, wir haben etwas Gutes getan. Ich weiß es rückblickend nicht, aber eigentlich spielt das auch keine Rolle mehr. 

Eine Rolle spielt, was ich bei den verschiedenen Hunden empfunden habe.Es gab Hunde, da sagten weder mein Kopf noch mein Gefühl etwas.
Dann gab es Hunde, wo mein Kopf "JA" sagte, aber mein Herz war still.Und das machte die Sache sehr schwierig!

Wahrscheinlich liegt es halt daran, dass ich nicht mehr so gut sehe und darum eigentlich immer nach meinem Gefühl gehe und bei so vielen Hunden sprach nicht einmal mein Gefühl zu mir...Ich weiß es noch ganz genau, wir waren in Hamburg und haben dort eine Hündin besucht, die war klasse - vom Kopf her!Sie konnte wirklich alles und war super abrufbar. Sie kannte sich im Straßenverkehr sehr gut aus und blieb auch ohne Leine am Bürgersteig stehen, von ganz alleine.

Ich glaube, es wäre sehr leicht gewesen, sie auf mein Handicap zu schulen, aber mein Herz? Bei einer so tollen Hündin sagte mein Herz gar nichts - es blieb stumm! Ich zweifelte schon an mir selber, aber mein Mann baute mich auf, wie nach jedem Hundebesuch.
"Du konntest immer Deinem Gefühl trauen und das wird auch in Zukunft so sein. Bleib Dir selber treu!" 

Tja, hätten wir erst 2 Wochen gesucht, dann wäre ich wohl auch ruhiger gewesen, aber wir steckten schon im April 2006. Wir waren schon gute 9 Monate auf der Suche... 9 Monate - da darf man dann ja wohl auch mal Selbstzweifel bekommen! 

Als wir wieder im Auto saßen, fragte ich meinen Mann, ob er evtl. mit mir noch ein Tierheim besuchen würde.Ich hatte schon irgendwie ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber, denn er fuhr ja immer! Ich sagte *guck mal hier* und er antwortete  *Fein, wann soll es losgehen?* 

Auf meine Frage antwortete er sehr ernst „Engel, ich fahr mit Dir wohin Du willst und wenn wir in 6 Monaten noch immer am Fahren sind, dann ist das vollkommen in Ordnung für mich! Dieser Hund wird Jahre mit uns zusammen leben, da muss es einfach passen und wenn das heißt, dass wir noch weitere Monate nach ihm suchen müssen, dann ist das eben so. Basta!" Ich liebe meinen Mann, gar keine Frage, und in diesem Moment hätte eigentlich mein Herz vor Liebe platzen müssen! 

Also fuhren wir am nächsten Tag, einem Samstag -  um genau zu sein der 22.April 2006 - ins Tierheim.
Eigentlich wollten wir zu einem Schäferhund, der im Internet "angepriesen" wurde, aber als wir dort ankamen, sagte man uns, dass dieser Hund aus der Vermittlung genommen wurde, weil es wohl zu Problemen kam, aber sie hätten ja auch noch andere Hunde und wir könnten uns ja auf der Wiese einige anschauen. Ich kam mir wie im Möbelhaus vor. Wo man Gegenstände betrachten kann und eigentlich wollte ich gehen... 

Doch dann sah ich etwas Schwarzes! Mehr sah ich nicht, denn er war zu weit weg. Mein Mann hatte gemerkt, dass ich am zögern war und schaute ebenfalls in die Richtung. "Da steht ein großer schwarzer Hund. Möchtest Du zu ihm?" 
Ich nickte nur und wir gingen ein Stück auf ihn zu. Ich sah jetzt auch, dass er sehr groß war... 

Und ich sah, wie stumpf sein Fell aussah.
Und ich sah, wie mager dieser Hund aussah.
Und ich sah, dass er selber wohl noch im Unklaren darüber war, ob er sich nähern oder doch lieber stehen bleiben sollte.
Ich wollte so gerne seine Augen sehen, aber bevor ich ihn anlocken konnte, kam er schon auf uns zu und ich konnte in seine Augen schauen. 
Diese Augen !!! Dieser große schwarze Hund, mit seinem stumpfen Fell und den nicht vorhandenen Kilos auf den Rippen, brannte sich in diesem Moment in mein Herz ein! 

Wir wussten überhaupt nichts von diesem Hund, noch nicht einmal seinen Namen!

Dieser Niemand hatte sich neben mich gesetzt, seinen Kopf kuschelte er an meinen Oberschenkel und ich streichelte seinen Kopf und fühlte sein stumpfes Fell.

Ich weiß nicht, wie lange wir so standen, auf jeden Fall machte "Niemand" keine Anstalten,  aufzustehen. Ganz im Gegenteil, er blieb ganz still dort sitzen und genoss die Streicheleinheiten, denn jedes mal, wenn ich meine Hand wegnehmen wollte, kam er mit seiner Schnauze an und stupste mich ganz sanft.
Irgendwann kam eine Pflegerin und sagte: "Das ist Knut!" 
*Himmel, wie kann man denn einen Hund Knut nennen???*, schoss es mir durch den Kopf! Ich schaute abwärts und dachte „ich kenn dich nicht, aber ich weiß, dass der Name gar nicht zu dir passt.“
Knut klang so hart! Dieser Hund sah aber nach allem anderen aus, nur ganz bestimmt nicht nach Härte! 

Was dann die Pflegerin erzählte, ließ meinen Kopf zum klingeln bringen, er schrie bei jeder Äußerung "Nein, nimm diesen Hund bloß nicht!!!" 
Knut war ein Schäferhund-Labrador- Mix, wurde 2003 geboren. Er kam als Welpe ins Tierheim, dort wurde er dann von einer Familie adoptiert. Später, bei der Rückgabe, war er weder leinenführig noch konnte er irgend etwas anderes. Er wäre ein Stresshund gewesen, bei der Familie kam er wohl nicht runter vom Stress-Level und im Tierheim natürlich auch nicht. Er würde jagen und wäre nicht sozialisiert. Was er überhaupt nicht mögen würde, wäre Wasser!!!  Er möge zwar Kinder, aber weil er so temperamentvoll ist, wäre er für kleine Kinder nicht geeignet. Des weiteren hatte die Familie wohl nie etwas mit ihm unternommen und genügend Auslauf hatte er wohl auch nicht gehabt. Sie sind immer zum Tierarzt gefahren, um ihm dort die Krallen schneiden zu lassen, die er sich halt nie abgewetzt hatte. Demzufolge würde Knut auch nicht viele Umwelteindrücke kennen. 
Die Familie brachte den einst so süßen Welpen also wieder ins Tierheim, weil aus diesem ach-so-süßen  Welpen ein riesiger Stressfaktor geworden war! 

Mein Mann und ich hatten aufmerksam zugehört. Meine Hand lag immer noch auf Knuts Kopf und er saß immer noch neben mir, an mein Bein gekuschelt. Als ich hinabschaute, hob er seinen Kopf und sah mich an.....
Diese Augen !!!
Ohne Übertreibung konnte man sagen, dass er für diese Augen einen Waffenschein benötigt hätte!  Knut hatte mich getroffen und zwar mitten ins Herz!!! 
Die Pflegerin brachte eine Leine und sagte, dass wir ja mal mit ihm spazieren gehen könnten, was wir taten. Besser gesagt, ging Knut mit uns spazieren……!! 
Mein Mann sagte nur: "Bist Du Dir auch wirklich sicher?"
Ich glaube, er dachte insgeheim an die Hündin, die wir am vorherigen Tag besucht hatten und die doch so fabelhaft gewesen war! 
"Ja, dass bin ich!“  Es hätte nur einen Punkt gegeben, bei dem  ich gesagt hatte: *O.K., das geht wirklich nicht* und das war bei dem Thema Kinder. Aber unser Sohn Kevin ist 10 Jahre alt und nicht mehr lange, dann ist er größer als ich. „Und bei den anderen Problem-Punkten, glaubst Du nicht daran, dass wir das schaffen können? Ich habe ehrlich gesagt mehr das Gefühl, als wenn dieser Hund auch anders kann! Ich möchte diesem Hund ein Zuhause geben - ich möchte, dass er bei uns zu Hause ist!" 

Mein Mann nickte, aber ich wusste, dass er sich große Sorgen um mich machte. Er hatte Angst, dass ich mit diesem Knut nicht klarkommen würde und ich wusste, dass sich mein Mann über dieses "groß und schwarz" Sorgen machte, aber letztendlich kam er meiner Bitte nach und er versuchte, mir zu vertrauen. 

Dem Tierheim reichte es, dass bei uns schon mal eine Vorkontrolle stattgefunden hatte. Ich gehe aber eher davon aus, dass sie froh waren, dass sich jemand gefunden hatte, der diesen großen, schwarzen „Stressfaktor“ nehmen wollte.

Ihnen würde es reichen, wenn wir eine Nacht darüber schlafen würden und wenn wir dann den Knut immer noch haben möchten, könnten wir ihn abholen. 

Mein Eindruck von dem „Möbelhaus“ verstärkte sich, aber es war mir egal, denn es ging mir nur noch um meinen zukünftigen Hund. Am liebsten hätte ich ihn sofort dort herausgeholt und ich gestehe, ich habe auf der Heimfahrt leise geweint. Ich sah immer wieder seine Augen vor mir und seinen Blick, als wir ohne ihn gefahren sind.

Vielleicht hat er die ganze Zeit gespürt gehabt, dass ich ihn mitnehmen möchte, dass ich ihn, diesen „abgeliebten“ Hund, haben will und vielleicht hat er es deshalb überhaupt nicht verstanden, dass wir ohne ihn gefahren sind...vielleicht!

Aber zu Hause war ich dann voller Tatendrang.

Wenn man 9 Monate auf der Suche ist, erklärt sich vielleicht von alleine, dass schon alles für ein neues Familienmitglied vorhanden war. Ein großer Korb schmückte schon lange das Wohnzimmer, Näpfe standen in der Küche, Leine und Halsband lagen im Flur und für die Fellpflege war ebenfalls alles vorhanden. Das einzige, was mein Mann an diesem Tag noch einzukaufen hatte,  war ein Shampoo, ein Huhn und Reis.

Knuts Fell bestand eigentlich nur aus Schuppen und sein Kot, wenn man das überhaupt so bezeichnen konnte, war flüssig wie unser Flüsschen Ilmenau! Und als wir dann endlich im Bett lagen, fuhren meine Gedanken mit mir Achterbahn und es platzte förmlich nur so aus meinen Mund: "Luca!" 
„Luca wer...Luca was?", fragte mein Mann etwas verwirrt. 

"Was hältst Du von dem Namen Luca? Ich glaube, dass dieser Hund nicht so ist, wie er beschrieben wurde. Ich gehe noch weiter und gehe sehr stark davon aus, dass er höchst sensibel ist und ich finde, für so einen weichen Kern klingt der Name Luca einfach nur wunderbar!". 
Mein Mann ließ diesen Namen so oft über seine Lippen kommen, dass ich schon dachte, er  hätte einen Sprung :) Ich knuffte ihn und er sagte: "Abgemacht! Unser neues Mitglied wird Luca heißen!" 
Ich brauche wohl nicht erwähnen, dass ich am nächsten Tag sofort im Tierheim anrief und ich glaube, ich brauche auch gar nicht erwähnen, dass unsere Antwort "JA" war! Und „JA, wir fahren gleich los“ und „JA, wir sind dann so in ca. 2 Std. bei Ihnen“ und „JAAAAAA, dann nehmen wir Knut mit!!!“ 

Und als wir ankamen, stand diesmal kein unsicherer Hund vor uns! Jetzt  sprang uns ein Hund förmlich in die Arme, außer sich vor Freude! 

 

Am 23.04.2006 wurden wir Besitzer von einem großen, schwarzen  und abgeliebten Hund! 

***Luca...Auf dem Weg in ein neues Leben ***

 Während der Fahrt nach Hause lag Luca ganz still im Kofferraum unseres Kombis.
Wir hielten einmal an und er sprang auch aus dem Auto, suchte einen Baum auf und als wir zum Auto kamen, sprang er bereitwillig wieder auf seinen Liegeplatz. 

Die ganze Fahrt über war er ruhig und als wir zu Hause waren, ging Luca vorsichtig auf Entdeckungsreise.Im Erdgeschoss schaute er sich alles an, selbst den Abstellraum, doch dann kam er sofort wieder zu uns.
Ich zeigte ihm in der Küche seine Näpfe und er nahm ein Leckerli und trank auch ein wenig. Dann wollte er eigentlich nur noch kuscheln!!!

(Luca ist nämlich eigentlich gar kein Hund, sondern eine Riesen-Schmusekatze)

Er presst sich an einen ran und am liebsten würde er wohl auf den Schoß. Am allerliebsten hat er es, wenn ich eine Wolldecke ausbreite und mich darauf lege. Dann kommt er immer gleich und legt sich ganz nah an meine Seite und dann wird geschmust. Wenn wir ins Bett gehen, dann liegt er in seinem Kuschelnest neben unserem Bett und wenn wir ihn dann auch noch zudecken, leckt er immer ganz zärtlich unsere Hand – voll die Kuschelmaus)

Den Korb ignorierte er vollkommen und dieser Korb stand gute sechs Wochen nur zur Zierde bei uns in der Wohnstube. Luca machte keine Anstalten, den Korb zu benutzen. Ich ließ ihn dennoch stehen, denn ich hatte auch gemerkt, dass Luca sich als Schattenhund entpuppte. Überall, wo ich war, war auch der Hund! Wenn unser Sohn mir ständig hinterher lief, dann sagte mein Mann immer: „Na, hast Du wieder Zucker in den Taschen?“ – wenn Luca mir folgte, sagte er: „Na, hast Du wieder Pansen in den Taschen?“

Es spielte keine Rolle, ob unser Sohn im Raum war oder mein Mann, sobald ich aufstand, stand auch der Hund auf und wenn wir auf dem Sofa saßen, lag Luca zu meinen Füssen.  Wenn ich in der Küche saß, dann lag Luca unter dem Tisch. Wenn ich am Schreibtisch saß, lag er neben meinen Stuhl und wenn ich ins Bad ging, kam er mit und blieb er vor der Tür liegen. Wenn wir zum Schlafen nach oben gingen, kam Luca natürlich ebenfalls mit. Ich hatte ihm im oberen Stockwerk  eine Kuschelecke eingerichtet und auch wenn wir dort schon Situationen hatten, wo Luca wirklich manchmal gestört hat, bzw. wo wir den Hund wohl gestört haben J,  so würde ich ihm dieses Recht wieder einräumen! Anfangs brachte ich es einfach nicht übers Herz, dieses anhängliche Wesen nach unten zu schicken, gerade weil er immer auf Tuchfühlung war.  Heutzutage stört es uns nicht mehr, da er, falls wir ihn mal wieder stören, freiwillig, ohne das er womöglich mit Gebell vor dem Bett hin und her läuft, nach unten in seinen Korb geht und sobald es wieder ruhig ist, er dann eh wieder rauf kommt.
Man findet halt immer irgendwelche Wege. 

Wege haben wir auch schnell in der Erziehung gefunden, denn Luca hatte Spaß am Lernen und er wollte lernen!!!

Das war wirklich sehr erfreulich, denn dieser große Hund hatte eine irre Kraft und 52 kg am anderen Ende der Leine beeindruckten ihn nicht, wenn er mal wieder eine Fährte aufgenommen hatte.
Aber Luca war von Anfang an dermaßen auf mich fixiert, dass er eigentlich ja nur gefallen wollte, wenn man das so sagen kann.
Unsere Trainerin ging sogar weiter und sagte *der himmelt dich an*
Leider nahm dieses *ich will dir gefallen* abrupt ein Ende, wenn ein anderer Hund in seine  Nähe kam! Dann trug Luca Scheuklappen vor den Augen und ich war Luft für ihn!

Wir kamen in Situationen, die wirklich nicht schön waren. Aber es gibt  Situationen, wo man über sich hinauswächst und so wuchs meine Kraft halt, wenn wir anderen Hunden über den Weg liefen.
Warum wieso weshalb Luca sich so benommen hatte, danach hat leider nie einer gefragt!
Inzwischen  wissen wir, warum Luca so reagierte und es ist auch lange nicht mehr so extrem, wie es einmal war.

Wenn wir in einer fremden Umgebung sind, schafft es Luca schon fast, die anderen Hunde zu ignorieren, weil er sich dann mehr auf uns konzentriert. Wenn wir hier im Dorf mit ihm gehen und der andere Hund auf der anderen Straßenseite ist, ist es auch O.K.  Lediglich wenn einige Hunde, die er noch nicht richtig kennt, eng an ihm vorbei gehen, dann grummelt er noch, aber ich denke, wir sind auf dem richtigen Wege!

Es gibt sogar schon Hunde in seinem Umfeld, auf die  er ganz freundlich reagiert!Er ist eben ein Hund,  der nie anständig sozialisiert wurde.  Die Trainerin vermutet, dass er einmal eine negative Erfahrung mit einem anderen Hund hatte und das er durch diese Erinnerung wahrscheinlich denkt, jeder Hund will ihm etwas tun und zu guter Letzt *ich will dich doch nur beschützen*. Ich denke, da sollte man ganz einfach nicht zu viel verlangen und nur geduldig sein!

Wir gehen Schritt für Schritt und so wie er das kleine 1 x 1 gelernt hat, so wird er auch lernen, irgendwann einmal, ohne Angst, an einem anderen Hund vorbeizugehen.
Ehrlich gesagt, ich bin jetzt schon verdammt stolz auf ihn, denn er hat so viel gelernt. Der Hund, der uns damals vom Tierheim beschrieben wurde, dieser Hund existiert überhaupt nicht mehr!!In unserer Wohnung ist er ein wunderbar angenehmer Hund! Von wegen: "Der kommt nicht zur Ruhe - er ist ein Hektiker!" Was für ein Blödsinn!  Wir empfinden Luca eher als Schlafnase :)Wenn er kann, dann schläft er nämlich.
Ich denke eher, er war dort nicht ausgelastet!

Ich denke, Luca gehört zu den Hunden, die eine Aufgabe brauchen und die einfach „nur“ dazu gehören möchten!!!
Ihr wisst ja, was das Tierheim damals  über Knut sagte - ich sage heute folgendes über Luca: 

Luca ist ein Schäfi-Labi- Mix. Geboren wurde er am 23.04.2003. Er ist leinenführig und beherrscht das Hunde - 1 x 1.  Er ist ein ausgeglichener Hund. Er würde bei passender Gelegenheit wohl jagen, allerdings ist er bei mir mittlerweile abrufbar (worauf ich megastolz bin). Ich denke nicht, dass Luca je sozialisiert wird, aber er kann schon viele Hunde ignorieren. Er LIEBT Wasser und wir denken, er kannte es einfach nicht richtig, denn als wir mit ihm im Urlaub waren und in das Wasser gegangen sind, da kam er mit uns und heute ist er ein ausgezeichneter Schwimmer und wenn wir *geh* sagen, dann geht er auch alleine rein. Er mag nicht nur Kinder, er liebt Kinder!!! Krallen brauchten wir noch nie beim Tierarzt schneiden lassen und das ist auch gut so, weil Luca wirklich Angst vorm Tierarzt hat.

Ich weiß nicht, was er dort erlebt hat, aber es muss wirklich fürchterlich gewesen sein! Allerdings ist unser Doc wirklich eine Wucht!
Er geht auf seinen großen Patienten sehr gefühlvoll ein, Luca wird auch auf dem Boden behandelt, weil er auch vor dem hochheben Angst hat und von alleine springt er bestimmt nicht auf den Tisch.
Aber auch hier wird es von Mal zu Mal besser und Luca wedelt immerhin schon mal mit dem Schwanz, wenn er den Tierarzt sieht. Das ist doch schon mal was!

Es ist alles eine Sache des Vertrauens und der Zeit und ich kann Luca anheben, er hält still, allerdings ist er mir zu schwer *grins*

Wir denken, nein, wir wissen, dass Luca nicht viel Gutes in seinem früheren Leben erfahren hat und das es Situationen für ihn gab, die ihm Angst gemacht haben und trotzdem ist dieser Hund einfach nur gutmütig!!!
Jeder wird freudig begrüßt, selbst der Postbote.
Luca schlägt an, wenn die Klingel ertönt, und der Schwanz wedelt so heftig, dass der ganze Hund wackelt.
Er sagt Bescheid *Komm mal schnell, es hat geklingelt, da kommt jemand* 
Und wenn wir mal ohne ihn weggehen, dann wartet er brav.
Das war nicht immer so.

Er kennt es ja, dass ich eigentlich den ganzen Tag bei ihm bin und ich glaube, dass, wenn wir mal ohne ihn gegangen sind, er einfach Verlustängste hatte, gerade weil er halt so anhänglich ist.
Er ist nach wie vor mein 2ter Schatten, daran hat sich nie etwas geändert und ehrlich: Ich genieße es!

Es mag sein, dass es Menschen gibt, die sich daran stören. Mich stört es nicht, ganz im Gegenteil! Ich liebe es, wenn er mich sanft anstupst *hallo...ich bin hier...bei dir*
Und wenn ich halt doch mal mehr in Bewegung bin, dann lege ich ihn im Korb ab, damit er zur Ruhe kommt. Man findet halt Wege!

Aber wie gesagt, dass mit dem alleine bleiben hat sehr lange gedauert, aber wir haben ihm die Zeit auch gegeben.Ich weiß noch ganz genau, wie wir gestartet haben *grins...mannoman*

Luca fing schon an zu jammern, wenn ich die Tür hinter mir zu gemacht hatte, nur um zum Briefkasten zu gehen.Das habe ich dann bestimmt 20 Mal am Tag gemacht und das Tag für Tag.

Irgendwann jammerte er nicht mehr und ich nahm mir eine Zigarette mit und blieb auf eine Länge am Briefkasten, dann bin ich wieder hoch und er stand da und freute sich, als wenn ich Tage weg gewesen wäre! Es klappte alles prima - ich ging: Hund war ruhig. Ich kam wieder: große Freude !
Dann beschloss mein Mann: *gut, dann gehen wir mal eine Runde ohne ihn*
Ich zog meine Jacke an und Luca schaute mich schon sehr sparsam an. Wir verließen ohne ihn die Wohnung und.....Gejammer....
Er hat nie etwas kaputt gemacht! Nein, er saß vor der Tür und weinte! Wo war jetzt der Haken? Es hatte doch immer so schön geklappt.
Dann kam mir eine Idee...
Im 20 Min.-Takt zog ich mir meine Jacke an und sagte: *bleib...und schön lieb sein* und ging raus, kam nach einer Weile wieder rein und zog mir die Jacke wieder aus.
Ich hätte nur zu gerne gewusst, was die Nachbarn gedacht haben Und irgendwann kam auch hier kein Gejammer mehr.  

Wenn mein Mann und ich raus wollten, dann ging mein Mann schon Minuten vorher raus. Ich folgte ihm nach einer Weile, zog meine Jacke an und sagte: *bleib ...und schön lieb sein* und ging. Und ???? KEIN GEJAMMER !!! 

In dieser Zeit kam ich zwar nicht gerade viel zu anderen Sachen, aber der Haushalt läuft ja bekanntlich nicht weg und die Bügelwäsche sowieso nicht...wie schade . 
Wir waren so glücklich und stolz auf ihn und ließen ihn dann immer wieder einige Zeit alleine und alles klappte wunderbar!Mein Mann rief immer vom Handy zu Hause an und dann legten wir das Telefon in den Flur, so konnten wir hören, ob er wieder weinte oder nicht, aber er war ganz still, bis auf den Tag, wo wir halt nicht spazieren gehen, sondern mit dem Auto wegfahren wollten. 
Diese Flitzpiepe von Hund !!!
Für ihn war es ja wohl ein sehr großer Unterschied, ob wir nun zu Fuß oder mit dem Auto los wollten. 

Gejammer......ein entsetzliches Gejammer! Mir wären schon fast selber die Tränen gekommen, so herzzerreißend klang es.
Also begann das Spiel von neuem - diesmal halt nur mit dem Auto.
Mein Mann und ich zogen uns an und sagten: *bleib...und schön lieb sein* dann gingen wir raus, setzten uns ins Auto und fuhren die Einfahrt runter und wieder rauf, stiegen aus und gingen hoch.

Hier hätte ich erst recht zu gerne gewusst, was die Nachbarn gedacht haben, aber auch hier hatten wir Erfolg!!! 
Luca kann jetzt gute 4 Std. alleine bleiben. Das war die längste Zeitspanne, die  wir ungewollt ausprobieren mussten und selbst hier war ich wohl unruhiger als der Hund.

Wenn wir wissen, dass es länger dauert, nehmen wir ihn mit, denn Luca ist ein Hund geworden, den man überall mit hinnehmen kann, weil er sich nämlich benehmen kann. Wenn im Restaurant ein anderer Hund ist, dann ist es auch gut für ihn, er ignoriert ihn und liegt brav unter dem Tisch!

Nur bei privaten Besuchen, bei denen  ein Hund anwesend ist, den wir selber nicht einschätzen können, lassen wir ihn zu Hause. Er weiß nicht so recht, wie er sich verhalten soll und ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob Luca gelernt hat, mit anderen Hunden zu spielen.
Wir werden sehen, was die Zeit bringt. 
Denn er hat ja schon so viel gelernt und ich bin wahnsinnig stolz auf ihn.

***Luca: mein Engel auf 4 Pfoten*** oder vielleicht:  Von einem abgeliebten Tierheim-Hund zum kleinen Wunder? 

Ich habe damals gefühlt, dass in diesem Hund einiges steckt oder ich hab es mir eingebildet, soll es ja auch geben, wie auch immer: ich empfinde seine ganze Entwicklung als ein kleines Wunder! 
Luca war von Anfang an auf mich bezogen, vielleicht auch schon extrem fixiert und er hat, wie auch immer, meine Behinderung gespürt!
Es gab Situationen, da hat er Dinge getan, wo mein Mann und ich uns nur anschauten und zwar sprachlos!!!
Spielzeug wurde bei meinem Mann und bei unserem Sohn einen halben Meter vor den Füßen abgelegt. Bei mir war es so, dass Luca mir das Spielzeug direkt vor die Füße  oder in die Hand legte.
Wir haben Bewegungsmelder im Haus und einer ist neben der Treppe, die nach oben führt.
Wenn ich nach unten gehe, dann geht Luca vor mir und macht einen Schlenker zum Bewegungsmelder, so dass es überall hell wird.
Wenn mein Auge mal nicht sooo gut ist und ich noch weniger als üblich sehe, dann geht Luca ganz sensibel  noch braver als sonst - noch einen Tick langsamer und ständig mit Blickkontakt.

Dieser Hund ist feinfühlig und dieser Hund ist für mich ein Geschenk des Himmels! Dieser Hund ist mein Engel auf 4 Pfoten!Luca…der im Tierheim landete, .der eine traurige Vergangenheit hat und der als großer und schwarzer Problemhund abgestempelt wurde,  kann heute: 
Bürgersteige anzeigen!
Stufen anzeigen!
Treppen suchen!
Türen suchen!
Luca, der Jäger, geht heute mit mir durch unseren Wald. Er geht bei Fuß, ob mit oder ohne Leine und selbst dort, wo es doch sooo verlockend riecht, zeigt er mir Hindernisse an. Baumstämme, um Pfützen führt er mich herum (außer, wir sind am Spielen, dann landen wir beide darin *grins*) 

Ein Wunder? Ja, mein Wunder! Mein Engel auf 4 Pfoten!

Der Hund, der mir so viel Lebensfreude gegeben hat! Der mir meinen Alltag sooo sehr versüßt und der für mich einfach der beste Hund ist, den ich mir hätte wünschen können!
Mein Mann hat mir damals dieses wunderbare Geschenk gemacht. Eigentlich war dieser Hund ein Hochzeitsgeschenk.
Heute ist dieses Hochzeitsgeschenk mein Freund, der immer für mich da ist und der spürt, wenn ich ihn besonders brauche! 

Und so wie es meinem Mann immer wieder aufs Neue gelingt, mir ein wenig meine Angst vor der Zukunft zu nehmen, so schafft es auch dieser Hund immer wieder aufs Neue!Ich denke immer: Mein Sohn, mein Mann und Luca sind Balsam für meine Seele!
Und die Angst hat sich verändert.
Ich habe keine Angst mehr vor einem Leben, ohne sehen zu können…
Ich habe Angst davor, nie wieder das Gesicht von meinem Sohn zu sehen!
Ich habe Angst davor, nie wieder das Gesicht von meinem Mann zu sehen!
Und ich habe Angst davor, nie wieder Lucas treue, liebe Augen zu sehen!

Aber davor darf man, glaube ich, auch getrost Angst haben. Ansonsten denke ich, mit all so lieben und treuen Gesellen wird es schon gut gehen! 

Dies ist die Geschichte von Luca und ich will hoffen, dass diese Geschichte jedem Mut macht, der mit dem Gedanken spielt, einem ungeliebten Hund ein neues Zuhause zu geben - wir würden es immer wieder tun – und ich würde immer wieder auf mein Gefühl hören!

Dieser Hund will geliebt werden und dazu gehören – wollen wir das nicht alle???

Warum muss ein Hund „richtig funktionieren“, wenn selbst Menschen es noch nicht einmal immer schaffen, richtig zu funktionieren oder glaubt ihr wirklich, dass ein Mensch, der einen Hund an einen Baum bindet und ihn dort seinem Schicksal überlässt, richtig funktioniert???

Ich empfinde die ehemalige Familie von „Knut“ als unterbelichtet, weil sie nicht erkannt und noch weniger anerkannt haben, was für einen Schatz sie da eigentlich hatten. Vielleicht wurde diese Familie, gerade in diesem Jahr, in dem  der Name Knut ja in Zeitungen und im Fernsehen ständig erwähnt wurde, von ihrem schlechten Gewissen aufgefressen? Aber wahrscheinlicher ist es wohl, dass es ihnen piepegal war, so wie es ihnen früher piepegal war, als sie ihn abgeschoben haben!
Wenn ich egoistisch wäre, dann würde ich wohl sagen: DANKESCHÖN!
Leider habt ihr diesem Hund auch viel Angst vermittelt und das ist kein Dankeschön mehr wert, dass ist eine Schande!

Bestimmt hat jeder Mensch irgendwann in seinem Leben schlechte Erfahrungen machen müssen und hat wahrscheinlich in gewissen Situationen Angst davor,  zu vertrauen. Glaubt ihr wirklich, dass es Hunden anders ergeht???
Nein! Sie können es nur nicht erzählen – sie zeigen es einfach und so wie wir müssen auch Hunde erst wieder bereit für den Schritt sein – den Schritt, wieder zu vertrauen!

 

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